Wissen, was Ziegen leisten
Milchziegen benötigen für die Produktion von einem Liter Milch weniger Energie als Kühe oder Schafe und sind somit sehr effizient. Die Tiere innerhalb einer Herde wandeln die vorhandene Ration unterschiedlich gut in Milch um. Mit der Milchleistungsprüfung (MLP) können die Tiere nach diesem Kriterium selektioniert werden. Zudem ermöglicht die MLP gezielte Rückschlüsse auf die Fütterung.
(Bild: Jonas Salzmann)
Wer einem Herdebuch angeschlossen ist, kann von den Daten der MLP profitieren. Einerseits sind es die monatlichen Ergebnisse der Einzeltiere, welche für die Planung der Fütterung hilfreiche Resultate liefern. Andererseits können mit den Resultaten der jährlichen Laktationsabschlüsse Ziegen zur Zucht selektioniert werden, welche die Strategie des Betriebs am besten erfüllen. Je nach Zuchtstrategie wird dabei auf hohe Milchleistung, gute Persistenz oder hohe Inhaltsstoffe selektioniert. Nebst dem monatlichen Aufwand für die Milchkontrolle sind die Kosten für die MLP ein weiterer Punkt, welchen es ebenfalls zu beachten gilt. Besonders Kreuzungstiere oder Nicht-Herdebuch-Tiere sind für die MLP kostspielig. Wer die MLP aktiv für die Optimierung der Fütterung nutzt, profitiert jedoch von besserer Leistung und Gesundheit der Ziegen. Entscheidend für die Leistung ist die TS-Aufnahme. Da aber das Pansenvolumen der Ziegen nicht unbegrenzt ist, muss bei hoher Leistung die Nährstoffdichte der Ration gesteigert werden. Ein Missverhältnis zwischen Leistung und Fütterung kann für Einzeltiere am besten mittels MLP entdeckt werden. Verschiedene Indikatoren aus der MLP können dazu beigezogen werden. Wichtig ist, dass bei der Interpretation der MLP zuerst die Analyse auf Stufe der Herde gemacht wird, bevor Einzeltiere analysiert werden.
Die monatliche Milchkontrolle ist Bestandteil der Milchleistungsprüfung bei Ziegen.
(Bild: Jonas Salzmann)
Zahlen verstehen
Da eine Einzeltierfütterung bei Ziegen oft nicht umgesetzt werden kann, müssen die durchschnittlichen Herdenwerte der MLP als Basis für die Fütterungsplanung dienen. Dazu gibt es unterschiedliche Kennzahlen zur Interpretation und verschiedene Schwellenwerte.
Tagesmilchleistung
Bis zum 50. Laktationstag steigern die Ziegen ihre Milchleistung kontinuierlich. Dies, weil das Pansenvolumen erst ab dem 50. Laktationstag wieder vollständig zur Verfügung steht und erst dann der TS-Verzehr auf dem Maximum ist. Bleibt die Milchleistung direkt nach dem Ablammen konstant und nimmt nicht zu, so müssen die Gründe in der Galtphase gesucht werden. Ziegen, die eine zu geringe Körperkondition beim Ablammen haben, weisen oft keine wünschenswerte Leistungssteigerung auf. Dies, weil sie nicht auf genügend Körperreserven zurückgreifen können, welche im Normalfall die Energie für einen Liter Milch pro Tag liefern. Deshalb ist eine angepasste Proteinversorgung ebenfalls wichtig, damit die vorhandene Energie optimal verwertet werden kann. Ab dem vierten Laktationsmonat kann die Milchleistung wieder abnehmen. Werden Schwankungen bei der Milchablieferung festgestellt, so muss erst ab einer Abweichung von fünf Prozent gehandelt werden. Um Schwankungen und einen zu starken Milchleistungsrückgang ab Mitte der Laktation zu vermeiden, ist eine konstante Fütterung ohne grosse Veränderung der Grundfutterkomponenten entscheidend. Dies gilt auch bei einem Verlängern der Laktation. Mit der MLP können die effizientesten Milchproduzentinnen selektioniert werden. Hier werden nicht Ziegen ausgewählt, die absolut am meisten Milch geben, sondern solche, die aufgrund ihres Eigenbedarfs am meisten Milch produzieren.
Zellzahl mit Vorsicht geniessen
Ziegen haben grundsätzlich höhere Zellzahlen als beispielsweise Milchkühe. Dies ist auf zwei Ursachen zurückzuführen. Einerseits haben Ziegen eine höhere Immunreaktion als Milchkühe. Entzündungen werden somit schneller und intensiver bekämpft. Deshalb sind Euterentzündungen bei Ziegen selten, und wenn es zu einer Entzündung kommt, sind die Heilungschancen oft niedrig. Andererseits scheiden Ziegen verhältnismässig mehr abgestorbene Gewebezellen mit der Milch aus, welche nicht in Zusammenhang mit Entzündungsgeschehnissen stehen. Als Faustregel gilt: Bei Zellzahlen von unter einer Million ist alles in Ordnung. Auswertungen aus Deutschland zeigen auf, dass Ziegen mit einer durchschnittlichen Zellzahl von über 750 000 / ml ab dem 200. Laktationstag eine um 0,46 l / Tag tiefere Leistung aufweisen. Zeitweilige Ausreisser bei der MLP können mit der Brunst oder dem Laktationsende auftreten.
Inhaltsstoffe im Verhältnis
Da die absoluten Gehalte von Fett und Eiweiss je nach Rasse stark variieren, sind für allgemeine Rückschlüsse die Verhältnisse von Fett und Eiweiss aufschlussreicher. Wird die MLP in den ersten 5 bis 20 Tagen nach dem Ablammen gemacht, können oft sehr hohe Fettgehalte auffallen. Diese sind meist unproblematisch, da die Ziegen aufgrund der hohen Leberleistung gut mit dem Körperfettabbau umgehen können. Auch ein enges Verhältnis in der Laktationsmitte entspricht dem normalen Laktationsverlauf. Ist der Fettgehalt tief, so sollte die Ration auf ihre Strukturwirksamkeit überprüft werden. Um dies zu kontrollieren, eignet sich das Wiederkauverhalten. Rund 65 Kauschläge zeigen eine gute Wiederkautätigkeit und Strukturversorgung an.